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Die Techniken des Gleichunglösens

Ein Lehr- und Nachschlagewerk
Band 2: Lineare Gleichungssysteme

ISBN (978)-3-8334-9308-9

4.4 Berechnung der Lagerkräfte in einem statischen System

(Leicht gekürzte Fassung des Originaltextes)

Das Problem: In einem statischen System mit angreifenden Kräften, Lagern und eventuell Gelenken seien die Lagerkräfte zu berechnen.

4.4.B Beispiel zur Berechnung der Lagerkräfte in einem statischen System

Es sei das nachfolgend skizzierte statische System mit dem festen Lager A, das auch Momente aufnehmen kann, einem Gelenk G, das Kräfte in allen Dimensionen aufnehmen kann, einem schrägen Loslager B und den angreifenden Kräften F1 und F2 gegeben:

Dabei seien die angreifenden Kräfte (nach unten wirkend und daher negativ):
F1 = -150kN   F2 = -80kN.

Die Kraft F1 bilde mit der Horizontalen einen Winkel
φ1=30°.

Die vertikalen Entfernungen von Lager A seien ausnahmslos gleich Null und die horizontale Entfernungen vom Lager A seien:
F1:   s1=1m
F2:   s2=3m
G:   sG=2m
B:   sB=4m .

Die Wirkungsrichtung der Kraft im Lager B bilde zur Horizontalen einen Winkel
φB=135°.

Zu berechnen seien die Lager- und Gelenkkräfte.

4.4.1 Festlegung des Koordinatenursprungs

Durch die Bemaßung des Systems ist zumeist schon die Lage des Koordinatensystems gegeben. Es wird ein Koordinatenursprung an beliebigem Ort gewählt. Die positiven Achsenrichtungen (nach rechts, nach oben) und die positive Drehrichtung (gegen den Uhrzeigersinn, mit Winkeln von der horizontalen Achse ausgehend gemessen) werden festgelegt.

4.4.1.B Beispiel zur Festlegung des Koordinatenursprungs

Es sei das statische System aus dem Beispiel gegeben. Der Ursprung des Koordinatensystems wird in Lager A gewählt, in die Skizze jedoch links unterhalb dieses Lagers eingetragen, so dass eine Bemaßung problemlos möglich wird. Die positiven Achsenrichtungen und die positive Drehrichtung werden ebenfalls festgelegt und eingetragen:

4.4.2 Zerlegung aller Kräfte in ihre Komponenten der Dimensionen

Ist eine schräg unter einem Winkel φi zu den Koordinatenachsen angreifende Kraft F von ihrem Betrage ||F|| (Euklidische Norm) gegeben, so sind ihre Komponenten Fi in Achsenrichtungen zu berechnen gemäß:

Fi=||F|| cos( φi )

4.4.2.B Beispiel zur Zerlegung von Kräften in Komponenten der Dimensionen

Es sei das statische System aus dem Beispiel gegeben.
Die Kraft F1 greift unter einem Winkel φ1=30° zur ersten Achse, nach unten wirkend, an. Unter Berücksichtigung des Vorzeichens der Kraft sind also ihr Betrag ||F||=150 kN, ihr Winkel zur ersten Achse φ1=210° und ihr Winkel zur zweiten Achse φ2=120° gegeben.
Die Kraft-Komponenten bezüglich der Achsen errechnen sich dann zu

F11 = ||F|| cos( φ1 ) F12 = ||F|| cos( φ2 )
F11 = 150 103 N cos( 210° ) F12 = 150 103 N cos( 120° )
F11 = -129,9 103 N F12 = -75 103 N.

4.4.3 Eintragung aller Lager- und Gelenkkräfte

Es werden alle Lager- und Gelenkkräfte in achsenparalleler Lage eingetragen und benannt. Dabei ist das Folgende zu beachten:

  • An die festen Lager werden die Lagerkräfte in positiven Achsenrichtungen in allen Dimensionen eingetragen.
  • An die losen Lager werden nur die Kräfte eingetragen, die das Lager aufnehmen kann, falls die Kraftrichtung mit der Achsenrichtung übereinstimmt. Anderenfalls sind auch hier die Lagerkräfte in allen Achsenrichtungen einzutragen.
  • Nimmt ein Lager Momente auf, so sind auch diese einzutragen (positive Zählrichtung - gegen den Uhrzeigersinn - beachten).
  • Gelenke können sehr unterschiedlich konstruiert sein. Einige nehmen Kräfte in allen Richtungen auf, andere wiederum nur in einer Richtung (z.B.: ein lose aufliegender Balken). Hier gilt das für lose Lager Gesagte.

4.4.3.B Beispiel zur Eintragung aller Lager- und Gelenkkräfte

Es sei das statische System des Beispiels gegeben.
In Lager A greifen sowohl horizontale, als auch vertikale Kräfte an. Lager B nimmt horizontale und vertikale, miteinander verknüpfte Kräfte auf und das Gelenk G nimmt Kräfte in allen Dimensionen auf:
Die Bezeichnungen werden festgelegt, es seien:
x1: Die horizontale Kraft in Lager A
x2: Die vertikale Kraft in Lager A
x3: Das Moment in Lager A
x4: Die horizontale Kraft in Gelenk G
x5: Die vertikale Kraft in Gelenk G
x6: Die horizontale Kraft in Lager B
x7: Die vertikale Kraft in Lager B

Die Bezeichnungen werden in die Skizze eingetragen:

4.4.4 Aufstellung des Gleichungssystems

4.4.4.1 Anwendung der Gleichgewichtsbedingung für Kräfte in Richtung der ersten Dimension

Da die Summe aller Kräfte in einer Dimension stets Null ergeben muss (andernfalls würde das System beschleunigt, wäre also nicht statisch), ergibt sich die Gleichgewichtsbedingung zu:

Dabei ist zu beachten, dass Gelenke eine Begrenzung eines Systems darstellen, so dass diese Gleichgewichtsbedingung für jedes Teilsystem bis zu einem Gelenk anzuwenden ist.
Die Gelenkkräfte sind dann in beiden Systemen, jedoch mit entgegengesetzten Vorzeichen, zu verwenden.
Das heißt: Es seien S1, S2 zwei Systeme mit den Kräften
Fi1j im System S1
Fi2j im System S2
und der Gelenkkraft xG,
dann gilt im System S1

und im System S2

4.4.4.1.B Beispiel für die Anwendung der Gleichgewichtsbedingung für Kräfte in der ersten Dimension

Es sei das statische System des Beispiels mit dem Gelenk G, den angreifenden Kräften F1; F2 sowie den Lagerkräften x1; x2; x6; x7, dem Moment x3 und den Gelenkkräften x4; x5 gegeben.

Im System S1 wirken die horizontalen Kräfte x1; x4 und F11=-129,9kN, es gilt:
x1+x4+F11=0
I: x1+x4-129,9*103=0

Im System S2 wirkt die horizontale Lagerkraft x6 und die horizontale Gelenkkraft x4. Da x4 aber im System S1 schon positiv verwendet wurde, ist also im System S2 die Gelenkkraft x4 negativ, somit:
II: -x4-x6=0

4.4.4.2 Anwendung der Gleichgewichtsbedingung für Kräfte in der zweiten Dimension

Für die Kräfte in der zweiten (und ggf. dritten) Dimension gelten die gleichen Regeln wie für die Kräfte in der ersten Dimension. Es ist also wie im vorigen Abschnitt beschrieben vorzugehen, mit dem Unterschied, dass an Stelle der Kräfte in der ersten Dimension, die Kräfte in der zweiten (dritten) Dimension zu verwenden sind.

4.4.4.2.B Beispiel für die Anwendung der Gleichgewichtsbedingung für Kräfte in der zweiten Dimension

Es sei das statische System des Beispiels gegeben. Im System S1 wirken die vertikalen Kräfte x2; x5. Es ergibt sich also
x2+x5+F12=0
III: x2+x5-75*103=0

Im System S2 wirken die vertikalen Kräfte x5; x7. Damit ergibt sich unter Berücksichtigung, dass x5 als Gelenkkraft im System S1 positiv verwendet wurde:
-x5+x7+F2=0
IV: -x5+x7-80*103=0

4.4.4.3 Aufstellung der Kraftgleichungen für verknüpfte Kräfte

Nimmt ein loses Lager oder ein Gelenk schräge (d.h.: nicht achsenparallele) Kräfte auf, so sind diese Kräfte mit einander verknüpft. Da für jede Kraftkomponente Fi (siehe oben) in der i. Dimension gilt
,
folgt durch Umstellen:

Das heißt: Für jedes lose Lager oder Gelenk mit schräg wirkenden Kräften wird eine Verknüpfungsgleichung aufgestellt gemäß:

4.4.4.3.B Beispiel zur Aufstellung einer Kraftgleichung für verknüpfte Kräfte

Es sei wieder das statische System des Beispiels gegeben.
Das lose Lager B nimmt schräg wirkende Kräfte auf.
Die Lagerkraft x6 bildet zur ersten Achse einen Winkel φB1=135° und die Lagerkraft x7 bildet zur zweiten Achse einen Winkel φB2=45°.

Also gilt:

V: -1,414x6-1,414x7=0

4.4.4.4 Anwendung der Gleichgewichtsbedingung für Momente

Da das System statisch ist, wird es auch nicht in Rotation versetzt. Also muss die Summe aller Momente um einen beliebigen Punkt stets Null sein.
Das heißt: In einem statischen System S gilt in jedem Punkt P für die Momente M j

und da das Moment M j das Produkt aus dem Hebel s vom Drehpunkt Pk zum Kraftangriffspunkt Pj und der auf dem Hebel senkrecht stehenden Kraft Fj ist (Kreuzprodukt), gilt für jedes Moment M j um den Punkt Pk
Mj=(sj-sk) Fj

Es werden für mindestens so viele Punkte Momentengleichungen aufgestellt, wie noch Gleichungen benötigt werden (die Gesamtgleichungsanzahl sollte mindestens so groß sein, wie die Anzahl der Unbekannten).

Dabei ist zu beachten:

  • Lager, die selbst Momente aufnehmen, erzeugen kein Moment um andere Punkte. Sie bleiben also bei der Aufstellung der Momentengleichungen unberücksichtigt.
  • Gelenke übertragen keine Momente. Es sind also nur Momente jeweils eines (Teil-) Systems zu verwenden.
  • Die Momente um ein Gelenk werden jeweils nur aus einem System verwendet. Es lassen sich also 'links- oder rechtsseitige' Momentengleichungen um ein Gelenk aufstellen.
  • Besteht ein statisches System aus mehreren Teilsystemen (das heißt: es enthält Gelenke), so ist für jedes Teilsystem mindestens eine Momentengleichung aufzustellen.

4.4.4.4.B Beispiel der Anwendung der Gleichgewichtsbedingung für Momente

Es sei das statische System des Beispiels gegeben
Auf das Lager A wirken die Momente (sG-sA) x5; (s1-sA) F12 sowie das von Lager A aufgenommene Moment x3. Unter Berücksichtigung der Drehrichtungen ergibt sich:
x3+(sG-sA)x5+(s1-sA)F12=0
VI: x3+2x5-75*103=0

Für das Gelenk G wird linksseitig keine Gleichung aufgestellt, da das Lager A selbst Momente aufnimmt und daher kein Moment um das Gelenk G erzeugt.

Um das Gelenk G wirken rechtsseitig die Momente (sB-sG) x7; (s2-sG) F2 (und ausserdem noch 0 x6). Es ergibt sich unter Berücksichtigung der Drehrichtungen:
(sB-sG)x7+(s2-sG)F2 =0
VII: 2x7-80*103=0

Damit ist dann auch für jedes Teilsystem eine Momentengleichung aufgestellt.

4.4.5 Zusammenfassung der Gleichungen

Die Gleichungen werden zu einem Gleichungssystem zusammengefasst.

4.4.5.B Die Gleichungen I...VII des Beispiels werden zu einem Gleichungssystem zusammen gefasst:

I +1 X1 +0 X2 +0 X3 +1 X4 +0 X5 +0 X6 +0 X7 = 129,9k
II +0 X1 +0 X2 +0 X3 -1 X4 +0 X5 +1 X6 +0 X7 = 0
III +0 X1 +1 X2 +0 X3 +0 X4 +1 X5 +0 X6 +0 X7 = 75k
IV +0 X1 +0 X2 +0 X3 +0 X4 -1 X5 +0 X6 +1 X7 = 80k
V +0 X1 +0 X2 +0 X3 +0 X4 +0 X5 -1,414 X6 -1,414 X7 = 0
VI +0 X1 +0 X2 +1 X3 +0 X4 +2 X5 +0 X6 +0 X7 = 75k
VII +0 X1 +0 X2 +0 X3 +0 X4 +0 X5 +0 X6 +2 X7 = 80k

4.4.6 Lösen des Gleichungssystems

Das aufgestellte Gleichungssystem muss nur noch gelöst werden.

Weiter mit Kapitel 5
(hier nicht dargestellt)

Für das Beispiel ergibt sich die Lösung:

horizontale Kraft in Lager A: x1= 169,9kN
vertikale Kraft in Lager A: x2= 115,0kN
Moment in Lager A: x3= 155,0kNm
horizontale Kraft in Gelenk G: x4=-40,00kN
vertikale Kraft in Gelenk G: x5=-40,00kN
horizontale Kraft in Lager B: x6=-40,00kN
vertikale Kraft in Lager B: x7= 40,00kN


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© Copyright: helge nordmann, Bremerhaven, 2007

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Version 2007-11-15

Die Techniken des Gleichunglösens, Band 1
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Selbstverlag: helge nordmann, Bremerhaven
Druck: BoD, Norderstedt, 2007
Paperback, 13,5cm x 21,5cm, 224 Seiten
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Lineare Gleichungssysteme
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